Stärken stärken bei Kindern

Dieser Artikel wurde im Juli 2018 das erste Mal veröffentlicht und 2020 überarbeitet.

Stärken stärken bei Kindern

Glaub an dein Kind und stärke seine Stärken

Es war einmal ein kleiner Junge, der erst im Alter von 3 Jahren zu sprechen begann. Das ist ziemlich spät und heute würde er sicher schon Sprachförderung bekommen.

Später war es ein aufgeweckter und manchmal anstrengender Schüler.

In den meisten Gegenständen war er gut bis sehr gut. Aber einer seiner Lehrer prophezeite ihm: „Aus dir wird nie etwas werden!“ Es war der Griechisch-Lehrer dieses Jungen und in Sprachen war er generell weniger gut.

Auswendig lernen lag ihm gar nicht, er musste die Dinge begreifen und verstehen. So lagen ihm die Naturwissenschaften viel näher.

Ahnst du, wer dieser Junge war? Es war niemand geringerer als Albert Einstein.
In jungen Jahren war von einer Hochbegabung noch keine Spur und sein Griechisch-Lehrer hätte wahrscheinlich den Kopf geschüttelt, wenn ihm jemand gesagt hätte, dass dieser Junge einmal einer der bedeutendsten Physiker werden wird.

Diese Geschichte ist wahr und du kannst sie auf Wikipedia nachlesen.

Albert Einstein sagte übrigens selbst einmal:

Es gibt keine andere vernünftige Erziehung, als Vorbild sein.

Ich habe auch noch eine andere Geschichte.

Ein kleiner Junge kam eines Tages vom Unterricht nach Hause und überbrachte seiner Mutter einen Brief seines Lehrers.

Die Mutter öffnete den Brief und hatte Tränen in den Augen. Sie las vor:

Ihr Sohn ist ein Genie. Diese Schule ist zu klein für ihn und hat keine Lehrer, die gut genug sind, ihn zu unterrichten. Bitte unterrichten Sie ihn selbst.

Viele Jahre später, der Sohn war inzwischen erwachsen, fand er den Brief in den Unterlagen seiner Mutter. Er las den Brief und die Worte waren ganz anders, als seine Mutter sie ihm vorgelesen hatte:

Ihr Sohn ist geistig behindert. Wir wollen ihn nicht mehr in unserer Schule haben.

Auch dieser Junge war ein berühmter Mann. Es war Thomas Alva Edison, der Erfinder der Glühbirne.

Ob sich diese Geschichte so zugetragen hat, weiß ich nicht. Tatsache ist, dass Thomas Alva Edison an einer Hörbehinderung litt und nur wenige Monate eine öffentliche Schule besuchte. Danach wurde er von seiner Mutter zu Hause unterrichtet und las viele Bücher aus der Bibliothek.

Zwei berühmte Männer – zwei Geschichten. Mich berühren beide.
Denn es wird deutlich, wie sehr das Leben eines Kindes davon bestimmt wird, was Erwachsene denken und wie sie handeln.

Diese beiden machen deutlich:

[bctt tweet=“Sei du selbst. Alle anderen sind bereits vergeben. (Oscar Wilde)“ username=“IlseMLechner“]

Es wird deutlich, wie wichtig es ist, die Stärken von Kindern zu stärken. Darüber sind prinzipiell alle einig.
Leider sehen sowohl Eltern, als auch das Bildungssystem oft die Schwächen und versuchen diese auszumerzen.

Warum haben Erwachsene manchmal Schwierigkeiten die Stärken bei Kindern zu stärken

Eigenerfahrung

Viele Erwachsene haben schlechte Eigenerfahrungen. Ihre Stärken wurden nur wenig gefördert. Stattdessen haben sie gelernt zu funktionieren und sich einem System anzupassen.
Lange Zeit war die Pädagogik darauf ausgerichtet der Wirtschaft und Industrie zuzuarbeiten. Gute, verlässliche Arbeitskräfte wurden gebraucht, die in der Lage waren einen öden Fabrikstag zu überstehen. Menschen sollten möglichst gleichgeschaltet werden. Dazu war es notwendig die Schwächen auszumerzen.

Die Bedingungen waren nicht darauf ausgelegt Individualität und persönliche Stärken zu fördern. Obwohl es immer wieder Ausnahme-Pädagoginnen gab!

Bei meinem Schuleintritt waren wir 36 (!) Schüler und Schülerinnen in einer Klasse. Ich hatte allerdings großes Glück. Zur Ehrenrettung meiner Lehrerin kann ich sagen, dass sie trotzdem jedes Kind genau gesehen hat. Sie war sich unserer Stärken und Schwächen bewusst.
Sie hat es mir z. B. ermöglicht, in Schulstunden, wo mir langweilig war das Blumenfenster zu betreuen.

Ich hatte auch lange die mündliche Beurteilung, die sie uns allen in Form einer selbstgebastelten Glückwunschkarte zukommen ließ, in meiner Dokumentenmappe.

Normierungswahn

Kindliche Entwicklung vollzieht sich in Schüben. Du kannst dir das wie eine Treppe vorstellen. Einmal geht es steil nach oben, dann wieder bleibt das Kind annähernd auf demselben Niveau. Bis der nächste Entwicklungsschritt ansteht.

Das Tempo, in dem ein Kind diese Schritte macht, ist sehr individuell.

Um kindliche Entwicklung vergleichen zu können, gibt es Normkurven. In diesen Kurven ist vermerkt, wann der Durchschnitt aller Kinder einen Entwicklungsschritt vollzieht; also z. B. wann es sitzen lernt.

Hinkt ein Kind mit seiner persönlichen Entwicklung hinterher, so versucht man einzugreifen, um das Kind entsprechend zu fördern. Das trübt den Blick auf die persönlichen Stärken des Kindes. Vielleicht kann es sich noch nicht besonders gut ausdrücken, aber es ist in anderen Bereichen extrem interessiert und weit. Möglicherweise beobachtet es sehr genau und erkennt in seiner stillen Art Zusammenhänge.

Einstein wäre also sicher schon im Alter von spätestens 2 Jahren in diese Fördermaschinerie geraten.

Prävention

Wenn die Entwicklung nicht optimal verläuft wird versucht mit geeigneten Maßnahmen gegenzusteuern. Dabei ist es egal, ob es sich um eine verzögerte Sprachentwicklung handelt, oder um ein Fehlverhalten.

Das ist einerseits gut so, denn so können Defizite erkannt und oft auch ausgemerzt werden.

Andererseits aber bekommt gerade das, was unerwünscht ist, besonders viel Aufmerksamkeit. Es rückt ins Zentrum des Geschehens. Und so bekommt unerwünschtes Verhalten z. B. mäkeliges Essverhalten besonders viel Aufmerksamkeit und Energie. Alles dreht sich nur noch ums Essen. Was mag mein Kind? Was nicht? Wird es heute genug essen? Hoffentlich nimmt es nicht ab?

Das erzeugt Druck und dieser Druck fördert dummerweise oft genau das Verhalten, das wir „eigentlich“ verändern wollen.

Überlastung und Stress

Wenn du überlastet bist, dann wirst du schneller ungeduldig. Du hast weniger Verständnis, wenn dein Kind unangepasst reagiert. Du kannst selbst nicht so vielfältig und flexibel reagieren, wie du es möchtest. Schnell ist der Bogen überspannt und dein Geduldsfaden reißt. Das führt aber auch dazu, dass du manche Handlungsweisen deines Kindes als ärger und problematischer wahrnimmst, als sie sind. Aus einem lebhaften Kind wird dann ein schlimmes und aufmüpfiges. Aus einem Kind, das auf seinem Tempo besteht, wird eine Bummel Liese.

Nicht nur die Anforderungen an die Eltern steigen. Das Lebenstempo nimmt allgemein zu und auch die Pädagoginnen und Erzieherinnen sind hohem Druck ausgesetzt. Auch sie haben also oft diese Wahrnehmungsverschiebungen. Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der Belastung des Personals und dem als defizitär und unzumutbar empfundenen Verhalten.

Stärken stärken bei Kindern – Wie kannst du das tun?

Talente finden

Zuerst einmal: Finde die Talente deines Kindes. Das ist oft gar nicht so leicht. Denn einige dieser Talente liegen in der Familie. Du brauchst also als Elternteil eine gute Beobachtungsgabe und viel Achtsamkeit. Sonst kann es schnell vorkommen, dass du das Talent deines Kindes mit Sätzen wie: „Das ist doch ganz normal!“ oder „Das kann doch jeder!“ abtust.

Folgende Fragen können dir dabei helfen:

  • Was kann dein Kind gut?
  • Wofür wird es von anderen Eltern bewundert?
  • Was erwähnen fremde Personen, wenn sie über dein Kind sprechen?
  • Was macht dein Kind besonders gerne?
  • Wann merkst du, dass dein Kind anderen Kindern voraus ist?
  • Wo wirkt dein Kind besonders reif?

Wobei trotz aller Freude Vorsicht geboten ist. Wie gesagt, kindliche Entwicklung vollzieht sich in Schüben. Nur weil dein Kind schneller gehen konnte, als andere Kinder, heißt es nicht, dass es ein guter Läufer wird 😉
Es kann aber ein Hinweis darauf sein, dass sich dein Kind motorisch schnell entwickelt.

Umfeld und das passende Element finden

Jede Begabung braucht ein passendes Umfeld.

[bctt tweet=“Wenn du einen Fisch daran beurteilst, wie gut er fliegen kann, wird er scheitern.“ username=“IlseMLechner“]

Der Fisch braucht Wasser, um seine Talente einzusetzen.

Genauso ist es bei deinem Kind.

Hast du ein Kind, das eine Begabung im Zeichnen zeigt, dann ist es sinnvoll einen Kindergarten zu suchen, der das künstlerische Interesse fördert.  In einem Waldorfkindergarten oder in einem Kindergarten mit Malatelier ist so ein Kind gut aufgehoben und findet wahrscheinlich auch Gleichgesinnte.

Zeigt dein Kind handwerkliches Geschick und hat es Interesse an der Natur, dann ist es in einem Waldkindergarten gut aufgehoben. Dort darf es sich viel bewegen und mit Werkzeugen hantieren.

Die Begabungen fördern

Wenn dein Kind eine Begabung im Zeichnen und Malen zeigt, dann braucht es die passenden Materialien. Schenke ihm Stifte, Kreiden, Wasserfarben und Papier.
Geh mit ihm in Ausstellungen und mache es mit Kunstwerken vertraut.
Viele Museen bieten Kinderführungen an, wo die Kinder ein Werk genau betrachten und es dann ihrem Können entsprechend „nachmalen“. Schick es in einen Malkurs.

Hat dein Kind großes Bewegungstalent, dann ermögliche ihm, Grundsportarten wie schwimmen, eislaufen, Schifahren, Rad fahren zu erlernen. Gib ihm auch die Chance einige andere Sportarten auszuprobieren, bis es angekommen ist und seine Sportart gefunden hat.

Bei einer musischen Begabung sind Rhythmik-Kurse sinnvoll. Es gibt auch Kurse, wo Kinder verschiedene Instrumente kennen lernen und ausprobieren können. So können sie ihr Lieblingsinstrument finden und kennen lernen.

[bctt tweet=“Jedes Wesen kann nur in seiner Eigenheit gut sein. (Sophokles)“ username=“IlseMLechner“]

Warum ist es so sinnvoll die Stärken zu stärken?

Die beiden Arten der Motivation

Extrinsische Motivation

Extrinsische Motivation ist die, die von außen kommt. Dein Kind wird also durch Bestrafung oder Belohnungssysteme angeregt, etwas zu tun.
Bei Erwachsenen kann auch ein toller Firmenwagen, ein neues Haus, die eigene Yacht eine extrinsische Motivation sein.

Diese Form der Motivation hat einen Nachteil. Das Neue nützt sich schnell ab. Es entsteht eine Gier nach mehr: Noch mehr Belohnung, noch mehr Aufmerksamkeit, noch mehr Anerkennung. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum so viele Menschen nach immer mehr streben: mehr Geld, ein größeres Auto, eine größere Wohnung …

Intrinsische Motivation

Bei der intrinsischen Motivation folgt dein Kind einem inneren Drang sich weiterzuentwickeln, etwas zu erfahren oder etwas zu erforschen. Jedes Kind kommt mit diesem Drang auf die Welt.

Denk nur an die Zeit, wo dein Kind gehen gelernt hat. Unermüdlich ist es nach jedem Sturz wieder aufgestanden.

Oder als es im Warum-Fragealter war. Alles wollte es wissen, alles erforschen.

Leider zerstören wir diese intrinsische Motivation, wenn wir mit Belohnungssystemen, Benotung und Bestrafung arbeiten. Das ist auch die Erklärung, warum wissbegierige Kinder nach einigen Jahren Schule auf einmal nur mehr das tun, was gefordert wird und keinen Strich mehr.

Polarisation der Aufmerksamkeit

Maria Montessori hat beobachtet, dass kleine Kinder ganz in ihren Tätigkeiten versinken und ein und dieselbe Sache 100-te Male wiederholen, bis sie satt sind. Es scheint fast so, als ob sie einem inneren Drang folgen. Immer wieder schütten sie Wasser von einem Gefäß ins andere. Unermüdlich!

Der Flow

Mihaly  Csikszentmihalyi beobachtet, dass Erwachsene in einen ähnlichen Zustand kommen, wenn sie etwas leidenschaftlich gerne tun. Sie vergessen dabei die Zeit, nehmen ihre Umgebung nicht mehr richtig wahr und fühlen tiefe Zufriedenheit. Er nennt diesen Zustand den Flow.

Die Polarisation der Aufmerksamkeit und der Flow haben eines gemeinsam. In diesem Zustand wird das Gehirn mit Glückshormonen geflutet und damit wird eine langfristige Verhaltensänderung erzielt.

Die Vorteile der intrinsischen Motivation

Wenn dein Kind intrinsisch motiviert ist, dann findet es in einer Tätigkeit Erfüllung. Es spürt, dass es etwas tut, was gut für seine Entwicklung ist. Es will ja das was es tut auch wirklich tun.

Daher steigt die Eigenverantwortung. Dein Kind übernimmt für sich selbst Verantwortung. Es trägt selbst zu seiner Entwicklung bei.

Wenn dein Kind selbst wissen will, wie etwas funktioniert, dann ist es auch viel entspannter, wenn es einen Fehler macht. Es will schließlich auch wissen, wie es diesen Fehler vermeiden kann. Seine Neugierde ist geweckt.

So stellt sich langfristig Erfolg ein. Denn dein Kind lernt gerne und aus eigenem Antrieb.

Das Fenster zur Welt

Ein Grundsatz von Maria Montessori ist es das Fenster zur Welt ganz weit aufzumachen, nachdem die Grundlagen erarbeitet sind. Das macht neugierig und regt an weiter zu forschen und weiter zu lernen.

Ich mache jetzt das Fenster zur Welt für dich auf.
Hier findest du einige Artikel von Business-Coaches und Karriereplattformen zum Thema Stärken stärken.

So kannst du herausfinden, was es deinem Kind in der Zukunft bringt, wenn du seine Stärken stärkst.

Stärken stärken! – Voll Kraft voraus von der Karrierebibel

Das sagt Zeitblüten zum Thema Stärken stärken

Filiz Scarcella hat hier einen Artikel, wie Erwachsene ihre Stärken finden

Und in diesem Artikel schreibt Filiz über stärkenorientiertes Führen

Ich wünsche dir viel Erfolg dabei deine eigenen Stärken zu finden und dein Kind dabei zu unterstützen seine Stärken zur vollen Entfaltung zu bringen.

Deine

Ilse

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Bildquellen: getstencil
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