Vielen Eltern machen schlechte Schulleistungen ihrer Kinder zu schaffen. Einerseits machen sie sich sofort Sorgen, dass ihr Kind keinen ordentlichen Beruf ergreifen kann, andererseits werden sie auch an die eigene Schulzeit erinnert.

Nichts katapultiert uns so schnell in die eigene Schulzeit zurück, wie eine schlechte Note des Kindes. Vor allem in einem Fach, wo du selbst vielleicht auch nicht gerade der Überflieger warst. Da steigen sofort Ängste hoch.
Es sind nicht immer die Ängste um das Kind. Oft sind es die eigenen Schulerinnerungen und die damit verbundenen Gefühle, die Eltern dann beherrschen.

Aus diesem Grund habe ich hier ein paar Grundsätze für Gelassenheit im Umgang mit schlechten Schulleistungen des eigenen Kindes zusammengetragen.

Gelassenheit bei schlechten Schulleistungen

Gelassenheit bei schlechten Schulleistungen

Eine schlechte Note ist noch kein Beinbruch

Das klingt banal. In der heutigen Leistungsgesellschaft streben wir aber nach schneller, höher, stärker besser. Ich beobachte, dass gerade für Eltern von guten Schülern, oft eine Welt zusammenbricht, wenn das Kind einmal mit einer wirklich schlechten Note kommt.

Hier hilft wirklich die Erinnerung. Eine schlechte Note ist kein Beinbruch. Vielleicht war das Kind nicht ganz gesund oder es hatte einen schlechten Tag.

Am besten unterstützt du dein Kind, indem du eine neutrale Haltung bewahrst. Gute Schüler ärgern sich meist selbst genug, wenn sie wissen, dass die Fehler vermeidbar waren.

Und wenn sie wirklich mal den Stoff nicht beherrschen, dann hilft gezieltes Nachholen besser als jeder Vorwurf. Mit Vorwürfen verunsicherst du dein Kind.

DU bist nicht dein Kind

Ruf dir in Erinnerung, dass du deine Schulleistungen schon erbracht hast und übergib deinem Kind, die Verantwortung für seine Leistung. Unterstütze es, wo du kannst. Du hast aber keinen Grund für ein schlechtes Gewissen, wenn dein Kind schulisch nicht glänzt. Jeder Mensch hat andere Qualitäten. Diese Einstellung verhilft dir zu mehr Gelassenheit bei schlechten Schulleistungen.

Es gibt im Schulalltag zwei Dinge die Eltern unruhig machen. Das eine sind Dinge, die das Kind vollkommen anders macht, wie es die Eltern gemacht haben und gewohnt sind. Das andere sind Dinge, die die Eltern selbst gemacht haben und mit denen sie schlechte Erfahrungen gesammelt haben.

Ilse Maria Lechner

Ruf dir immer wieder in Erinnerung: Du bist nicht dein Kind. Lass dein Kind ausprobieren und manchmal auch seine eigenen Fehler machen und Erfahrungen sammeln.

Die eigenen Erwartungshaltungen überprüfen

Gerade in Akademikerhaushalten oder im Bildungsbürgertum mache ich immer wieder die Beobachtung, dass von Kindern erwartet wird unbedingt zumindest die Matura zu machen. Etwas anderes wird gar nicht in Betracht gezogen.

Auch dann nicht, wenn das Kind praktisch veranlagt ist und sich gar nicht vorstellen kann Nachmittage lang lernend im Stübchen zu verbringen.

Das passiert vor allem dann, wenn das Kind augenscheinlich intelligent und schnell im Denken ist. Es kommt gar nicht in Frage über einen Lehrberuf überhaupt nachzudenken. Dabei ist unser Bildungssystem schon sehr durchlässig. Lehre mit Matura schließt ein späteres Studium nicht aus.

Der Druck der Verwandten

Oft erlebe ich dann, dass die Eltern sogar sehen, was für ihr Kind das Beste wäre und schon beginnen drüber nachzudenken. Dann schalten sich Großeltern, Tanten und Onkel ein – und plötzlich sitzt das Kind doch im ungeliebten Gymnasium und quält sich trotz bei weitem ausreichender Intelligenz.

Das sind manchmal dieselben Menschen, die sich wundern, dass wir keine mitdenkenden Handwerker haben. Schon komisch, nicht wahr?

Der richtige Schultyp

Daher halte ich es auch nicht für sinnvoll alle Kinder auf eine Schule zu geben. Selbst wenn es Aufnahmeerleichterungen für Geschwister gibt. Selbst dann nicht, wenn dir die verschiedenen Elternsprechtage und schulautonomen Tage das Leben schwer machen.

Jedes deiner Kinder hat das Recht auf individuelle Förderung. In Österreich gibt es so viele verschiedne Schultypen. Wenn eines deiner Kinder auf die Handelsakademie will und eines in einem neusprachlichen Gymnasium ist und das dritte interessiert sich für Sport, dann kommt nur eine Schule mit sportlichem Schwerpunkt in Frage. Egal ob es sich um eine sportlich orientierten NMS oder ein Sportgymnasium handelt.

Falle nicht in alte Muster

Vermeide es in alte Muster zu fallen. Wenn du dir in einem Gegenstand schwer getan hast und nun bringt dein Kind in genau dem Gegenstand schlechte Noten nach Hause, dann steigen die alten Gefühle wieder hoch. In diesem Zustand kannst du deinem Kind weder helfen, noch es unterstützen.

Bei uns war es so, dass mein Mann in der Schule nicht gerade ein Sprachgenie war. Das lag nicht an seiner mangelnden sprachlichen Begabung, sondern an seinen Lehrern. Ich wiederum war in Latein ständig zwischen sein und nicht-sein. In Mathematik habe ich ein gutes Grundverständnis. In diesem Fach hatte ich aber einen schlechten Lehrer.

Eigene Erfahrungen lassen sich nicht einfach ausradieren. Es ist aber wichtig, dass du als Mutter bewusst damit umgehst.

Brachten unsere Kinder in einem dieser Gegenstände schlechte Noten nach Hause, so war mein Mann vor allem in den Sprachen sehr betroffen und ich in Latein und Mathematik. Der jeweils andere fand das gar nicht schlimm. Aus genau diesem Grund übernahm derjenige es, mit dem Kind zu lernen.

Stärken stärken

Unterstütze dein Kind nicht nur, sich in dem Gegenstand weiterzubilden, wo es Mängel hat, sondern hilf ihm auch seine Stärken zu finden und auszubilden. Denn auch dein Kind braucht Gelassenheit bei schlechten Schulleistungen.

Dein Kind ist in Englisch schlecht, hat aber eine ausgeprägte sportliche und handwerkliche Begabung. Dann hilf ihm diese Begabung auszubauen. Wenn es dort Erfolge hat, dann wird es nicht so schnell schulmüde werden.

Positive Rückmeldungen geben

Gerade dann, wenn dein Kind sich in einem Gegenstand schwer tut, ist es auf deine Hilfe angewiesen, um seine Fortschritte zu sehen. Unser Schulsystem ist leider auf Fehlersuche ausgelegt. Dein Kind braucht aber Bestärkung.

Du könntest dich mit deinem Kind auf die Suche machen, was schon geklappt hat und was im Vergleich zur vorangegangen Leistung besser war.

Vielleicht entdeckt ihr auch, dass sich das Üben lohnt. Wenn z. B. eine Sache bei einem Test richtig ist, bei der sich dein Kind vorher beim Lernen immer schwer getan hat.

Das gibt deinem Kind die Bestätigung, dass sein Bemühen sinnvoll ist.

Genau auf diese Begabung kannst du in den weiterführenden Schulen Rücksicht nehmen. Wir in Österreich sind in der glücklichen Lage, dass wir sehr viele verschiedene Schultypen haben, die eine gute Ausbildung ermöglichen und die individuelle Neigung unterstützt. Viele Schultypen schließen mit Matura ab und ermöglichen so ein anschließendes Studium, falls das Kind dann noch andere Interessen entwickelt.

Spätzünder

Einige Kinder sind wirklich Spätzünder. Sie tun sich anfänglich schwer im Lernen. Alle glauben sie schaffen es nie und dann – plötzlich – kommt der Moment, wo ihnen buchstäblich „der Knopf aufgeht“ und sie breschen leistungsmäßig vor.

In diesem Punkt dürfen wir in Österreich für ein sehr durchlässiges Schulsystem dankbar sein. Kinder, die die NMS besuchen können später noch auf Gymnasium oder Oberstufengymnasium wechseln. Kinder, die auf eine AHS gehen können im Alter von 14 Jahren noch auf eine Handelsakademie oder HTL wechseln. Lehrt mit Matura wird immer häufiger angeboten. So bleibt diesen Kindern wirklich jede Möglichkeit offen.

Sonderfall Pubertät

In der Pubertät haben auch viele Schüler einen Leistungseinbruch, daher brauchst du hier besonders viel Gelassenheit bei schlechten Schulleistungen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich im Alter von 17 im ersten Semester fast nur schlechte Noten nach Hause brachte – und das auch in Gegenständen, wo ich sonst Einserschülerin war. Am meisten machte mir das selbst zu schaffen. Ich hatte gelernt und den Stoff auch begriffen und trotzdem konnte ich bei den Schularbeiten die Leistung nicht bringen. Genauso plötzlich wie der Spuk begann, war er auch nach 3 Monaten wieder vorbei. Ich war allerdings in diesen drei Monaten sehr betrübt und habe permanent an mir gezweifelt. Zum Glück hatte ich kluge, verständnisvolle Lehrer und Eltern, die mich gestärkt und unterstützt haben.

Baustelle Gehirn

In der Pubertät verschaltet sich das Gehirn neu. Das ist eine große Chance. Denn alles, was Kinder bis zu diesem Alter nicht wirklich gelernt haben, können sie jetzt nachholen. Andererseits erfordert dieser Umbau des Gehirns auch einige Maßnahmen. Die Myelinschichten um die Nervenenden lösen sich auf, damit sich neue Verschaltungen bilden können. Diese Myelinschichten wirken wie Isolatoren an den Nervenenden. Ist diese Schicht weg, liegen die Nervenenden blank, wie ein Stromkabel und ebenso wie bei einem Stromkabel, kann es buchstäblich zu gedanklichen Kurzschlüssen kommen.

Das erleichtert das Lernen natürlich nicht gerade 🙂

Mangel an Organisation

Auch mein jüngerer Sohn stellte mich in der Pubertät vor eine Herausforderung. Er konnte sich ab Schulbeginn immer gut organisieren. Er hat selbständig gelernt, machte seine Hausübungen und hatte alle seine Sachen im Griff. Dann kam die Pubertät und von einem Tag auf den anderen bracht Chaos aus. Alles hat er vergessen. Wenn wir gemeinsam Pläne erarbeitet haben, konnte er diese nicht einhalten.

Dieses Chaos war eines Tages genauso wie es begonnen hatte, wieder vorüber. Ich hatte mein strukturiertes, organisiertes Kind zurück.

Obwohl ich weiß, dass in der Pubertät Baustelle im Gehirn ist, war es für mich ungemein schwer während der Chaos-Phase ruhig zu bleiben und zuzusehen. An manchen Tagen bin ich verzweifelt – gemeinsam mit meinem Sohn. Aber im Endeffekt hilft es nur abzuwarten und darauf zu vertrauen, dass das, was vor der Pubertät schon erlernt war auch wieder zurückkommt.

Wie reagieren

Egal ob bei schlechten Noten oder bei Chaos in der Organisation: Am besten regierst du mit Ruhe und Verständnis. Diese akute Zeit geht bald vorüber und die Jugendlichen haben es mit sich selbst schwer genug. Das heißt jetzt nicht, dass du deinem pubertierenden Kind alles durchgehen lassen sollst, aber wenn du siehst, dass es sich ohnehin schon selbst quält, hat es keinen Sinn auch noch Salz in die offenen Wunden zu streuen.

Fordern und Fördern

Jugendliche brauchen auch Anreiz und sie können zu Höchstleistungen auflaufen, wenn sie gefördert und gefordert werden. Dabei ist es wichtig, wirklich ihr Interesse zu wecken und den Funken der Begeisterung zu entzünden.
Wenn du selbst das Interesse deines Kindes nicht nachvollziehen kannst, dann versuche ihm den Kontakt zu Menschen zu ermöglichen, die seinen Wissensdurst stillen können.
Ein Freund meines Sohnes hatte ein riesen Interesse an allen Insekten und er begann auch diverse Arten selbst zu züchten. Das gesamte nötige Fachwissen eignete er sich durch Bücher und aus dem Internet an.

Wenn das Leistungstief länger dauert …

Wenn das Leistungstief länger dauert, dann solltest du dich vor allem mit pubertierenden Jugendlichen, auf Ursachenforschung begeben. Die schlechten Noten können auch ein Signal für andere Probleme sein. Manchmal braucht dein Kind einfach nur Hilfe, um sich zu organisieren, damit es besser lernen kann.

Schlechte Noten durch mangelndes Interesse

Nicht jeder Gegenstand ist für dein Kind gleich interessant. Das kann am Gegenstand an sich, aber auch am unterrichtenden Lehrer liegen.

Bei Pubertierenden stehen im Moment auch vielleicht andere Interessen im Vordergrund. (Freunde, Musik, Hobbies)

Schlechte Noten durch Über- oder Unterforderung

Bei Überforderung solltest du dir überlegen, ob dein Kind an der richtigen Schule ist. Viele Eltern schicken ihr Kind aus Überzeugung aufs Gymnasium. Möglicherweise ist das Kind jedoch eher handwerklich interessiert und kann mit all diesem akademischen Wissen nichts anfangen.

Auch Unterforderung kann ein Grund für schlechte Leistungen sein. Das Kind langweilt sich und passt kaum auf. Die Gefahr dabei: Es verlässt sich so sehr darauf, dass es alles kann, dass es den Zeitpunkt verpasst, wo sein Wissen endet und es wirklich etwas Neues lernen könnte. Dadurch können Lücken entstehen.

Schlechte Noten durch Krankheit

Auch Krankheit kann eine Ursache für einen plötzlichen Leistungsabfall sein. Wenn Jugendliche krank sind und oft fehlen, dann sind sie nicht nur körperlich, sondern auch seelisch belastet, weil sie den Kontakt zu den Freunden verlieren. Dazu sind sie mit dem Nachholen des versäumten Stoffes noch zusätzlich belastet.

Schlechte Noten durch familiäre Probleme

Nicht selten macht sich Stress und Streit in der Familie bei den Schulnoten bemerkbar. Kinder sind sehr sensibel für das familiäre Klima und sie merken oft schon lange vor einer Trennung, dass etwas nicht stimmt.

Auch Krankheit oder Todesfälle in der Familie können Kinder belasten. Ich rate in so einem Fall immer zu einem offenen Gespräch mit den Lehrkräften. Denn dann wissen sie, warum dein Kind im Moment nicht Vollgas geben kann. Meiner Erfahrung nach reagieren die meisten Lehrer und Lehrerinnen sehr verständnisvoll.

Schlechte Noten durch Mobbing

Schwierigkeiten mit den Schulkollegen können sehr belastend sein und dann bleibt kein Platz mehr für Konzentration auf den Schulstoff. Das ist eine Situation, die besonderes Fingerspitzengefühl erfordert. Denn gerade diese Kinder wollen oft nicht über ihre Probleme sprechen.

Wenn dein Kind von Mobbing betroffen ist, versuche auf keinen Fall das Problem selbst zu lösen. In den meisten Fällen machst du es schlimmer für dein Kind. Setze dich mit der Schule in Verbindung. Bei Mobbing braucht es eine Gesamtlösung, die von der Schule initiiert werden muss. Oftmals ist es ohne zusätzlichen Fachpersonen nicht lösbar.

Du siehst die Ursachen sind mannigfaltig.

Was immer auch die Ursache ist, bewahre die Nerven und sei für dein Kind da. Eine schlechte Note ist kein Grund zu Beunruhigung. Auch wenn das Leistungstief länger dauert, muss das kein Anlass zum Drama sein. Im Ernstfall kannst du Kontakt zur Schule und zu den Lehrern suchen. Möglicherweise stellt sich dort die Situation anders, oder zumindest differenzierter dar. Vielleicht ist die Klassenarbeit ja insgesamt schlecht ausgefallen und dein Kind steht – relativ gesehen – gar nicht so schlecht da. Das kannst du nur herausfinden, wenn du das Gespräch suchst.

Ich wünsche dir viel Gelassenheit im Umgang mit den Schulleistungen deiner Kinder!

Bleib gesund und gelassen!

Deine Mütterversteherin,

P.S.: Mehr zum Thema Schulvorbereitung, Schule und Schulwechsel findest du auf dieser Übersichtsseite.

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