Oktober 14, 2021

Wenn Gleichaltrige schulen und helfen

In meinem letzten Blogartikel habe ich über Peergroups geschrieben.

Eltern haben vor allem vor dem schlechten Einfluss der Peergroups Angst. Zu diesem kommt es nur dann, wenn schlechtes Verhalten von der Peergroup gebilligt und unterstützt wird.

Nicht jede Peer-group ist eine Gefahr. Geschlecht, Schulbildung, Ausbildung und der gesellschaftliche Hintergrund spielen eine Rolle. Z. B. zeigen fahren Jungs häufiger alkoholisiert mit dem Mofa als Mädchen. Es verunglücken mehr Jugendliche aus Sonderschulen und Hauptschulen, als Gymnasiasten bei Mutproben wie Auto-Surfen, Überqueren belebter Straßen vor herannahenden Autos ec.

So kamen Forscher auf die Idee Präventionsarbeit dort zu leisten, wo die Betroffenen zu finden sind: in Schulen, Jugendclubs, Lokalen und bei dieser Arbeit auch geschulte Jugendlichen einzusetzen. Denn Jugendliche lernen gerne von anderen Jugendlichen.

Das Ganze nennt sich dann Peer-Education.

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Was ist Peer-education?

Unter Peer-education versteht man die Schulung und Unterstützung von Jugendlichen durch Gleichaltrige. Diese Gleichaltrigen werden vorher für diesen „Job“ ausgebildet.

Diese speziell geschulten Jugendlichen geben dann ihr Wissen in bestimmten Sachgebieten weiter. Dabei kann es sich um Gesundheitsförderung, Lebensgestaltung, Konfliktbewältigung, Kommunikationsschulung oder Mediation handeln. Konkret sind das z. B. Raucherprävention, Drogenprävention, Sexual- und Verhütungsberatung oder die Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten, Medienkompetenz, Klimaschutz u.v.a.m.

In der Peer-education werden dann diese speziell trainierten Jugendlichen eingesetzt um andere Jugendliche in Schulklassen, Vereinen, Freizeiteinrichtungen zu einem bestimmten Thema zu informieren, ihre Einstellungen zu beeinflussen oder  Lösungswege aufzuzeigen. Peer-education findet normalerweise im informellen Rahmen statt.

Im Gegensatz davon sind beim Peer-tutoring die Hierarchien klar getrennt. Es gibt Unterrichtende und Unterrichtete.

Je nach Thema eignet sich der eine oder andere Ansatz besser.

Der Nutzen von Peer-education

Von diesem Ansatz profitieren alle.

Einerseits haben die lehrenden Peers das Gefühl selbst Einfluss nehmen zu können. Sie können gesellschaftliche Prozesse gestalten und anderen helfen. Das gibt ihnen Sinn und stärkt das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Diese Jugendlichen nehmen diese Aufgaben meist sehr engagiert wahr. Sie sind mit Feuereifer bei der Sache. Sie wissen, sie tragen etwas Sinnvolles bei.

Peer-education
Mädchengruppe beim Lernen

Andererseits können die unterrichteten Peers die Inhalte leichter annehmen, wenn sie von gleichaltrigen kommen. Sie sprechen dieselbe Sprache und der Umgang der Teenager untereinander ist direkter. Außerdem sind die unterrichteten Peers offener, halten Informationen nicht zurück und fassen schneller Vertrauen.

An der Schule meines Sohnes gab es ein Mediationsteam für Konfliktbewältigung, das klassenübergreifend eingesetzt wurde. Das Team bestand aus zwei speziell ausgebildeten Vertrauenslehrern (eine Frau und ein Mann) und 6 – 8 ausgebildeten Jugendlichen verschiedener Altersstufen. Dieses Team konnten alle Schülerinnen und Schüler jederzeit ansprechen. Oft konnten allein die trainierten Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit den betroffenen Gruppen oder Klassen den Konflikt rasch beseitigen. Wenn das nicht möglich war, dann wurde vom gesamten Team ein Workshop für die Betroffenen veranstaltet.

Peer-Mediation zählt zu den anspruchsvollsten Gebieten und braucht eine spezielle Ausbildung von beteiligten Lehrer:innen und Schüler:innen.

An einer anderen mir bekannten Schule gibt es Nachhilfe- und Lernhilfeprogramme, die von Schülern selbst im Rahmen der peer-education organisiert werden.

Auswirkungen von peer-education

Peer-education hat einige tolle und dauerhafte Auswirkungen auf die Beteiligten:

  • Die Eigenverantwortung der Jugendlichen wird gestärkt.
  • Die Jugendlichen lernen Konflikte zu erkennen und früh zu deeskalieren.
  • Sie lernen einander beim Aufbau eines eigenen Werte und Normensystems zu unterstützen.
  • Die Gewaltbereitschaft wird abgebaut.
  • Das Klassen- und Schulklima verbessert sich.
  • Die Teenager erfahren sich als Selbstwirksam.
  • Das führt dazu, dass Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit gestärkt werden.

Vorteile von Peer-education

  • Bei Jugendlichen werden die Informationen gut angenommen und haben eine hohe Akzeptanz.
  • Die Schülerinnen und Schüler erleben sich als kompetent, haben gleichaltrige Vorbilder und sehen, was sie erreichen können.
  • Die ausführenden Peer erleben, dass ihr Handeln Wirkung hat und fühlen sich durch den Erfolg bestätigt.

Du siehst also: Peer—Groups haben durchaus auch positive Aspekte und können gezielt und gewinnbringend für alle genützt werden.

Bleib gesund und gelassen,
Deine Mütterversteherin

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