Perfektionismus

Wie du dir mit Perfektionismus das Leben schwer machen kannst

Mehr vom Guten bedeutet nicht automatisch besser

Vor einigen Jahren hatte ich die Gelegenheit vor einer Gruppe von mir sehr geschätzter Frauen einen Vortrag  zu halten.
Leider schlug ich mir selbst ein Schnippchen.

Was war passiert?

Im Bedürfnis, meine Sache besonders gut zu machen, versuchte ich, mein (im Laufe von Jahren) erworbenes Wissen in einen Vortrag von zirka einer halben Stunde zu fassen.  Das funktionierte natürlich nicht!

Mein Hang zum Perfektionismus hatte zugeschlagen

Ich spreche hier nicht von krankhaftem Perfektionismus, sondern von diesem Bedürfnis alles besonders gut machen zu wollen. Auch das kann das Leben erschweren.

Eben weil ich besonders viel bieten wollte, war ich auch nervös. Im Bedürfnis den Teilnehmern viel an Information mitzugeben habe ich über die Stränge geschlagen. Ich überfrachtete mein Publikum mit Informationen und wollte möglichst schnell, möglichst viel Wissen vermitteln. Schade!

Mein Publikum hatte Mühe mir zu folgen, es fehlte an Basisinformationen und ich setzte Informationen voraus, die mir schon lange in Fleisch und Blut übergegangen waren.

Die Erkenntnis

Am nächsten Morgen saß ich dann da und fragte mich, ob ich es nicht etwas komplizert gemacht hätte.

Vielleicht hätte ich das Thema ja auch viel einfacher präsentieren können?

Der Zufall kommt mir zur Hilfe

Der Zufall wollte es so, dass ich am Abend nach dem Vortrag einen Workshop zum selben Thema anbot. Im Rahmen dieses Workshops wollte ich eine Meditation halten. Ich habe schon vor Jahren einen Text für diese Mediation verfasst. Auf der Suche nach diesem Text fand ich in meinen umfangreichen Unterlagen auch eine Kurzzusammenfassung über das Vortragsthema, die ich bereits von 12 Jahren verfasst hatte.

Ich war überrascht von  der genialen Einfachheit. Da ich mich damals selbst erst seit 2 Jahren mit diesem Thema auseinandergesetzt hatte, erklärte ich  wirklich die Basis des Systems.  Mittlerweile war ich von der Basis schon ein gutes Stück weit entfernt. Viele Dinge, die für jemanden, der das erste Mal mit diesem System in Berührung kommt, völlig neu sind, waren für mich selbstverständlich.

Dankbarkeit

Trotzdem war ich dankbar. An diesen zwei Tagen ist etwas passiert, was für mich als Perfektionistin bis dahin unvorstellbar war. Ich hab mich nicht tagelang zerfleischt, sondern das ganze als Lernerfahrung abgebucht. Das ist zum Teil auch den großartigen Frauen zu verdanken, die mich in meiner Nervosität angenommen und auch aufgefangen haben. Danke dafür 🙂

Der Workshop war übrigens ein voller Erfolg!

Was kannst du aus meinem Erlebnis lernen?

Wie du Wissen richtig vermittelst

  1. Einfach ist gut
    Vor allem, wenn du mit jemandem dein Wissen teilen willst. Vergiss wirklich nie, nie, nie auch das Basiswissen abzudecken.Auf den Umgang mit Kindern umgelegt heißt das: Wenn du etwas erklärst, dann fange wirklich bei den Basics an und setze nicht voraus, dass dein Kind schon durch zusehen gelernt hat. Vielleicht hat sich dein Kind bis jetzt noch nicht für diese Tätigkeit interessiert. Vielleicht machst du die Arbeitsschritte so schnell, dass ihm etwas entgangen ist.
  2. Setze nichts voraus
    Setze wirklich nichts voraus. Wenn du deinem Kind das Schuhe putzen zeigen willst, dann fange bei den vorbereitenden Tätigkeiten an. Zeige auch, wie du den Arbeitsplatz vorbereitest und vor Verschmutzung schonst. Leg vor den Augen deines Kindes das Zeitungspapier aus, damit der Teppich nicht beschmutzt wird.
    Sag nicht einfach: „Häng die Hose auf!“, wenn dein Kind seine erste Stoffhose mit Bug bekommt. Zeig ihm, wie die Hose zu halten und danach aufzuhängen ist. Zeig, dass die Nähte übereinandergelegt werden, und dass bug auf Bug liegen muss, damit die Hose richtig in den Hosenspanner eingehängt werden kann.
    Moderne Kids kennen weder Lederschuhe noch Hosen mit Bug und daher sind ihnen Begriffe wie Kotbürste oder Hosenspanner fremd.
  3. Bleib sachlich
    Bleib bei deinen Erklärungen sachlich und gib deinem Kind das Gefühl ernst genommen zu werden. Die Erklärungen sollen nicht lächerlich wirken. Sonst fühlt sich dein Kind zu Recht vera***t.
    Für mich liegt genau hier die Kunst: Wirklich alles zu erklären, ohne dabei nonverbal zu vermitteln „Das kann eigentlich eh jeder, nur du weißt das noch nicht.“.
  4. Verlange nicht, dass das Ergebnis beim ersten Mal perfekt ist
    Wenn Kinder neue Aufgaben übernehmen, dann verlange nicht, dass sie diese bereits beim ersten Mal so perfekt erledigen wie du. Erinnere dich immer daran, dass du in diesem Bereich wahrscheinlich 20 – 30 Jahre an Erfahrung und Übung voraus hast. Du hast also einen riesen Vorsprung, den dein Kind erst aufholen darf. Versuche daran zu denken, wie dein erstes Ergebnis bei genau dieser Tätigkeit ausgesehen hat.

Über dich und deinen Perfektionismus

Perfektionismus kann blockieren

Im obigen Beispiel hat mich mein Perfektionismus blockiert, weil ich zu viel auf einmal wollte. Ich bin über das Ziel hinausgeschossen.

Perfektionismus kann lähmen

Es könnte aber auch sein, dass dich dein Perfektionismus lähmt und du daher gar nicht erst anfängst. Du hast vielleicht Angst, dass das Ergebnis nicht deinen hohen Erwartungen entspricht.

Dein Perfektionismus im Zusammenhang mit deiner Fehlerkultur

Du kannst dich über deine Fehler ärgern. Du kannst andererseits aber auch liebevoll zu dir selbst stehen und dir eingestehen, dass du es zu diesem Zeitpunkt einfach nicht besser wusstest. imm deine Lernerfahrungen mit und berücksichtige sie in der Zukunft. Mach es beim nächsten Mal besser. So wirst du dich stetig weiterentwickeln.

Bleib gesund und gelassen!

Deine Mütterversteherin

Ilse Maria
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